biographie

 
   
 
 

Alla

Jewgenjewna

Tumanowa (Reif)

 
 

"Lida war eine alte Lagerinsassin und neigte nicht zu Sentimentalitäten. Dass wir ein gemeinsames Schicksal hatten, war für sie kein Trost. ‚Wir werden da verrecken! Für 25er gilt ein besonders strenges Regime in den Lagern’, sagte sie traurig. Mein Fall interessierte sie nicht besonders. Nachdem sie mich angehört hatte, sagte sie böse: ‚Was hat Euch denn bloß gefehlt? Ihr hattet doch alles!’ – Danach bin ich immer wieder auf eine ähnliche Haltung zu unserem Fall gestoßen. Menschen, die selbst buchstäblich wegen gar nichts saßen, verurteilten uns aufrichtig. Sie wollten in uns keine Kämpfer für Gerechtigkeit sehen. – ‚Wir leiden hier unschuldig, aber Euch Grünschnäbeln geschieht es recht so – was musstet ihr euch gegen die eigenen Leute auflehnen!’ Das sagten einfache Leute, die alle Schrecken des Krieges durchgemacht und durch ein Wunder überlebt hatten. An den Armen waren viele für immer mit der Nummer von Auschwitz oder Dachau gezeichnet, und auf den Rücken ihrer Wattejacken war die Nummer des heimatlichen sowjetischen Lagers aufgenäht. Sie fühlten sich als Kriegsopfer und erwarteten, dass man ihr Schicksal aufklärte und sie freiließe. Wir waren in ihren Augen Verbrecher, und für unsere guten Absichten zeigten sie keinerlei Verständnis."

Alla Tumanova: Šag vlevo, šag vpravo... (Ein Schritt nach links, ein Schritt nach rechts...). Moskau 1995. S. 120. Engl. Ausgabe: Where We Buried the Sun: One Woman's Gulag Story, s. http://www.newestpress.com/catalog/virtuemart/2564.html

   
 

1931

Geb. in Kiew.

1948-1951

Fernstudium der Naturwissenschaften. Politische Diskussionen mit Freunden. Gründung einer oppositionellen Organisation unter der Bezeichnung "Kampfbund für die Sache der Revolution".

18.01.1951

Verhaftung führender Mitglieder der Oppositionsgruppe.

07.02.1951

Verhaftung. Untersuchungshaft in Lefortowo (15 Monate in Einzelhaft). Verhör u. a. durch den Minister für Staatssicherheit, Wiktor Abakumow (der später selbst verhaftet wurde; erschossen im Dezember 1954). Anklage wegen "Gründung einer jüdischen antisowjetischen terroristischen Jugendorganisation".

07.02.-14.02.1952

Prozess gegen die Mitglieder der Gruppe vor dem Militärkollegium des Obersten Gerichts. Anklage nach Artikel 58-1a, 8, 10, 11 StGB der RSFSR. Verurteilung zu 25 Jahren Lagerhaft. Die führenden Mitglieder der Gruppe, Boris Sluzki, Wladlen Furmann und Jewgeni Gurjewitsch, werden zum Tode verurteilt und hingerichtet.

1952-1956

Haftverbüßung im Durchgangslager Rusajewka, Gefängnis von Gorki, im Invalidenlager von Abes und in den Lagern von Potma und Workuta.

Frühjahr 1956

Transport nach Moskau zum Revisionsverfahren. Herabsetzung der Haftzeit auf fünf Jahre Lagerhaft und drei Jahre Verlust der bürgerlichen Rechte (Art. 58-1a u. 8 werden fallengelassen).

15.04.1956

Haftentlassung aufgrund einer Amnestie.

1950/60er Jahre

Arbeit in einem biochemischen Laboratorium.

30.07.1974

Emigration nach Kanada.

18.07.1989

Vollständige Rehabilitierung der Gruppe mit dem Hinweis auf "unerlaubte Untersuchungsmethoden".

Lagerhaft in

MINERALLAGER, BAU 585 UND ITL

   
 

Ausgewählte
Biographien

 
 

Fotos, Illustrationen und Dokumente

HaftbefehlAlla Reif: HaftfotosAktendeckelUrteilAlla Reif bei einer Rezitation

Haftbefehl

Alla Reif: Haftfotos

Aktendeckel

Urteil

Alla Reif bei einer Rezitation

Geschmuggelter BriefAlla Reif: RehabilitierungsbescheinigungAlla Tumanowa, 2001  

Geschmuggelter Brief

Alla Reif: Rehabilitierungsbescheinigung

Alla Tumanowa, 2001

  

Biographie: Vera Ammer

Die Veröffentlichung der Fotos erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Alla Tumanowa.