biographie

 
   
 
 

Margarete

Buber-Neumann

 
 

Eine kleine Baracke für die Frauenbrigade des Strafblocks, außerdem eine Männerbaracke, ein Haus für die Bewachungsmannschaften, eine Badestube, ein Arrestloch und eine ganze Reihe gut gebauter Schafställe: das war der Unterabschnitt Leninskoje. Am nächsten Morgen schon begann unsere Arbeit. Im Sommer sind die Schafe draußen auf der Steppe. Die Kolonne wurde ausgerüstet mit Spaten, Spitzhacken und Schaufeln. Die Aufgabe war, den Boden des Schafstalles und des umliegenden Gebietes aufzuhacken, diesen vertrockneten Mist auf Ochsenwagen zu laden, in die Steppe hinauszufahren und. dort zu verbrennen. Es war eine Hundearbeit. Vor allen Dingen vor den Schafställen, wo der Boden von einem Netz von Queckenwurzeln durchzogen war und dem Spaten und der Spitzhacke trotzte. An einem Tage geschah ein Wunder. Wir mühten uns schweißtriefend ab. Der Soldat, der uns bewachte, stand in einiger Entfernung. Es war ein Kasache. Plötzlich legte er sein Gewehr mit dem aufgepflanzten Bajonett auf die Erde, nahm einem Häftling die Spitzhacke aus der Hand und begann, eine tiefe Furche aufzuschlagen, so daß wir eine Ansatzstelle für unsere Spaten fanden. Das war das erste und einzige Mal, daß ich einen Bewachungssoldaten gesehen habe, der uns geholfen hat. Man kann sich vorstellen, wie ihn die Häftlinge liebten.

Margarete Buber-Neumann: Als Gefangene bei Stalin und Hitler. Ullstein Taschenbuch Frankfurt/Main-Berlin 1993, S.112.

(Textauswahl: S. Jenkner)

   
 

1901

In Potsdam geboren.

1926

Eintritt in die KPD.

1935

Emigration mit ihrem Mann Heinz Neumann nach Moskau in die Sowjetunion. Dort zunächst weiterhin als Komintern-Mitarbeiterin tätig.

1937

Verurteilung und Hinrichtung ihres Mannes.

1938

Verhaftung und Einlieferung ins Moskauer Butyrka-Gefängnis.
Verurteilung als "sozialgefährliches Element" zu fünf Jahren Zwangsarbeit.

1938-1940

Strafverbüßung im Lagergebiet Karaganda, überwiegend schwere Feldarbeit in der kasachischen Steppe.

1940

Auslieferung an die deutschen Behörden im Zuge des Hitler-Stalin-Paktes, Einlieferung in deutsche Haft, zunächst ins Polizeipräsidium Berlin in Untersuchungshaft und einige Monate später in das Frauen-KZ Ravensbrück. Überlebt dort unter härtesten Arbeits- und Lebensbedingungen den Krieg und den Zusammenbruch des NS-Regimes.

ab 1945

Nach Kriegsende als politische Publizistin tätig.

1949

Veröffentlichung ihrer Erinnerungen "Als Gefangene bei Stalin und Hitler".

1961

Erhält die offizielle Nachricht vom Tod ihres Mannes.

1989

Stirbt in Frankfurt/M.

Lagerhaft in

KARAGANDA-ITL

     
 

Fotos, Illustrationen und Dokumente

Die Veröffentlichung des Fotos und Buchauszugs erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Ullstein-Buchverlags.