biographie

 
   
 
 

Ursula

Rumin

 
 

Im Bezirk Workuta gab es drei Frauenlager, die sechs bzw. zehn Kilometer auseinander lagen. Predschachtnaja mit 3000 gefangenen Frauen war das größte, es folgten die 1. Ziegelei mit 1200 und die 2. Ziegelei mit 600 Gefangenen. Die beiden Ziegeleilager befassten sich ausschließlich mit der Herstellung von Lehmziegeln, die der Stadt Workuta zum Häuserbau geliefert wurden. Der Lehm wurde in großen Gruben gestochen - eine schwere Arbeit für Frauen.

Die Gefangenen von Predschachtnaja waren für alle sonst vorkommenden Arbeiten zuständig. Dazu gehörten das Schneeschippen in der Stadt, die Arbeiten auf dem Holzplatz, im Steinbruch und im Lebensmitteldepot, der Eisenbahnbau in der Tundra....

Es ist schwer, in der Geschichte der Sklaverei Erschütternderes zu finden als diese schweißtriefenden und verrußten Frauen in den Ziegeleien von Workuta. Die Brennöfen sind schlimmer als die Kohlenschächte der Männer. Wenn nach dem Brand die Öfen entleert werden, beträgt die Hitze darin 60 bis 70 Grad Celsius. Wer hier längere Zeit verbringen muss, ist mit seiner Gesundheit bald am Ende. In den kirpitschnyje sawodi, in denen die Frauen Ziegel brennen, verbrennen sie gleichzeitig ihr Leben. ...Die Brennöfen zehren ihre Körper aus. ...

Am Abend liege ich auf meiner Nare, der Holzpritsche, und kann vor Müdigkeit nicht einschlafen. Meine Haut ist aufgesprungen von der starken Hitze. Beim Waschen werde ich nicht sauber, der feine Ruß hat sich in allen Poren festgesetzt, Augen und Lippen sind dick angeschwollen.

Vier Wochen muss ich in der Ziegelei aushalten, dann werde ich zum Lehmstechen, Formen und Stapeln eingesetzt.

Ursula Rumin: Im Frauen-GULAG am Eismeer. ©2005 by F.A.Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH, München, München 2005, S.148 und 156/57.

(Textauszug S. Jenkner)

   
 

1923

In Schlesien geboren.

1945

Vertreibung der Familie aus Polen. Arbeitet als freie Journalistin und Drehbuchautorin in Ost- und Westberlin.

1952

Verhaftung im Ostsektor, Verurteilung von einem sowjetischen Militärtribunal wegen angeblicher Spionage zu fünfzehn Jahren Zwangsarbeit.

1952-1954

Haftverbüßung in Workuta.

1954

Vorzeitige Haftentlassung. Lernt auf der Rückfahrt nach Deutschland den ehemaligen GULAG-Häftling Joseph Scholmer kennen. Heirat in Berlin.
Nach der Rückkehr arbeitet sie zunächst wieder als Journalistin in Berlin.

1961

Umzug nach Köln. Arbeitet als Redakteurin bei Rundfunk- und Fernsehen.

1998

Anregung zur Niederschrift der Hafterinnerungen durch ein Zeitzeugenprojekt von Schülerinnen.

2005

Veröffentlichung: "Im Frauen-GULAG am Eismeer".

15.06.2017

Tod in Köln.

Lagerhaft in

WORKUTA-ITL

   
 

Ausgewählte
Biographien

 
 

Fotos, Illustrationen und Dokumente

Wir danken Frau Ursula Rumin für die Bereitstellung des Fotos.

Die Veröffentlichung des Buchauszugs erfolgt mit freundlicher Genehmigung der F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH.