biographie

 
   
 
 

Lew

Glebowitsch

Mischtschenko

 
 

Eines Nachts ging ich zum Abort im Korridor. Neben unserer Tür saß auf einem Balken vor dem Ofen ein junger korpulenter Mann mit Brille. Im Licht des Feuers betrachtete er ein etwa postkartengroßes Foto und weinte. Ich dachte: Wahrscheinlich die Frau. Und wollte auf dem Rückweg möglichst schnell wieder zur Tür reinschlüpfen. Aber der junge Mann hielt mich an: "Sehen Sie nur, was für ein Mensch! Und was für ein schreckliches Schicksal wurde ihm zuteil!" Es war sein eigenes Foto. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.

L. G. Mischtschenko: "Vospominanija dlja vnokov" [Erinnerungen für die Enkel].

Moskau, 2001, S. 22.

   
 

21.01.1917

In einer Moskau Angestelltenfamilie geboren. Der Vater ist Ingenier für Verkehrswege, die Mutter ist Lehrerin.
Während des Bürgerkriegs werden die Eltern als Geiseln gefangen genommen und beim Anmarsch der Weißen Armee in Berjosowo (Gouvernement Tobolsk) erschossen.

1935 – 1941

Student am Lehrstuhl für Physik der MGU (Staatliche Moskauer Universität).

ab 1940

Noch während des letzten Studienjahrs beginnt L. Mischtschenko als Laborant am Institut für Physik der Akademie der Wissenschaften, Laboratorium für Atomkerne und kosmische Strahlung, zu arbeiten. Hier schreibt er auch seine Diplomarbeit.

Juli 1941

Meldet sich als Freiwilliger an die Front. Gerät beim Versuch, der Einkesselung in Wjasma zu entkommen, in Kriegsgefangenschaft.

1941 - 1942

Kriegsgefangenschaft. Transitlager "DULAG-127" in Smolensk, später ein kleineres Lager in Katyn. Widersteht einem Anwerbungsversuch und wird ins DULAG-127 zurückgeschickt.

Februar - Mai 1942

Deportation nach Deutschland, dort Gefangenschaft in diversen Lagern, z.B. Fürstenberg und in einem Ausbildungslager in Berlin.

Mai 1942 - August 1943

Deportation nach Oschatz, Zuweisung zu einem Arbeitskommando der Fabrik "Kopp und Gaberland".
Weigert sich, der Russischen Befreiungsarmee (ROA), auch bekannt als Wlassow-Armee, beizutreten.
Erfolgloser Fluchtversuch, wird bei Görlitz wieder eingefangen und in ein Lager bei Mühlberg deportiert.

August 1943

Einsatz in den Leipziger Pittler Werkzeugmaschinenfabrik AG.

Sommer 1944

Deportation ins Konzentrationslager Buchenwald.

12.04.1945

Mit dem Näherkommen der Front wird das Lager ins Landesinnere verlegt. Mischtschenko nutzt die unübersichtliche Lage und flieht gemeinsam mit anderen Häftlingen und ergibt sich in Eisleben den amerikanischen Alliierten. Kurz darauf wird dort ein Flüchtlingslager eingerichtet.

Ende Mai 1945

Beginn der Rückführung der Gefangenen und Flüchtlinge.

Juni 1945

Verhaftung in Zwickau, wird der Spionage beschuldigt. Untersuchungsverfahren in Weimar, während der Untersuchung wird L. Mischtschenko gefoltert.

19.11.1945

Verurteilung durch das Militärtribunal der 8. Gardearmee nach Artikel 58-1b zum Tod durch Erschießen. Abmilderung des Urteils auf zehn Jahre Lagerhaft und fünf Jahre Entzug der Bürgerrechte.

1945 - 1954

Haftverbüßung im Lagergebiet Petschora. Einsatz zu allgemeinen Arbeiten, später als Elektromonteur im Holzverarbeitenden Kombinat in Petschora.

17.07.1954

Entlassung aus der Lagerhaft, aber kein Aufenthaltsrecht für große Städte.

Lässt sich zunächst in Kalinin (heute Twer) nieder, zieht dann aber heimlich zu seiner Verlobten nach Moskau. Verdient sich seinen Lebensunterhalt mit Übersetzungsarbeiten.

1955

Allgemeine Amnestie, kann von nun ab legal in Moskau leben.

Arbeitet als Ingenieur im Sonderkonstruktionsbüro des Betriebs "Fispribor".

Lagerhaft in

PETSCHORA-ITL, NORD-PETSCHORA-ITL

     
 

Fotos, Illustrationen und Dokumente

Mischtschenko, L.G.: Brief, S. 1Mischtschenko, L.G.: Brief, S. 2Mischtschenko, L.G.: ArtikelMischtschenko, L.G.: Memoiren 

Mischtschenko, L.G.: Brief, S. 1

Mischtschenko, L.G.: Brief, S. 2

Mischtschenko, L.G.: Artikel

Mischtschenko, L.G.: Memoiren