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BAUHAUPTVERWALTUNG FÜR DEN FERNEN NORDEN

   
 

Auch

GUSDS
Dalstroi

   

Fotos, Illustrationen
und Dokumente

 

Kurzinfo

Auf Beschluss Nr. 516 des Rates für Arbeit und Verteidigung der UdSSR wurde am 13. November 1931 am Oberlauf der Kolyma ein Staatsunternehmen für Straßen- und Industriebau – der Dalstroi – gegründet. Dieser wurde mit der Suche, Prospektierung und Erschließung von Goldlagerstätten rund um Olsk-Seimtschansk, Region Fernost, sowie dem Bau von Autostraßen von der Nagajew-Bucht bis zu den Goldvorkommen beauftragt. Seine Verwaltung befand sich am Ufer der Nagajew-Bucht in der Ortschaft (ab 1939 Stadt) Magadan. Im Oktober 1932 wurde auf Beschluss des ZK der KPdSU(B) das Gebiet, in dem der Dalstroi tätig war, als selbständiges, zur Region Fernost zugehöriges Territorium ausgewiesen. In den 1930er Jahren wurde mit Hilfe von Erlassen des Rates der Volkskommissare der UdSSR dieses Gebiet mehrmals erweitert. Der letzte dieser Erlasse vom 19. März 1941 erweiterte das Territorium auf 2.266.000 km² (siehe: Istoričeskaja hronika Magadanskoi oblasti: Sobytija i fakty, 1917–1972 [Historische Chronik des Gebiets Magadan: Ereignisse und Fakten 1917-1972]. Magadan, 1975. S. 120). Und 1951 erweiterte das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR auf Vorschlag des MWD das Gebiet des Dalstroi bis auf 3 Mio. km² (siehe: K. B. Nikolaev: K voprosu izučenija istorii Dal'stroja [Fragen zur Geschichte des Dalstroi] In: Istoričeskie aspekty Severo-Vostoka Rossii: ėkonomika, obrazovanie, kolymskij GULag [Historische Aspkete des russischen Nordostens: Wirtschaft, Entstehung, der GULAG von Kolyma]. Magadan, 1996. S. 44). Dazu gehörte das gesamte Territorium des heutigen Gebiets Magadan, ein Teil Jakutiens der Region Chabarowsk und des Gebiets Kamtschatka. Anfangs war dieses Staatsunternehmen dem Rat für Arbeit und Verteidigung (STO) direkt unterstellt, nach der Auflösung des letzteren ging es an den Rat der Volkskommissare der UdSSR. Per Erlass Nr. 260 des Rates der Volkskommissare der UdSSR vom 4. März 1938 wurde der Dalstroi dem NKWD der UdSSR übergeben. Durch denselben Erlass wurde er in "Bauhauptverwaltung für den Fernen Norden" (GUSDS) umbenannt; die Abkürzung "Dalstroi" wurde jedoch beibehalten.
Die Struktur des Dalstroi war ausgesprochen komplex. Bereits in der Frühphase wurden in seinem Bestand die Verwaltung für die Förderung von Bodenschätzen und die Verwaltung für Straßenbau gegründet. Im September 1935 gingen aus der erstgenannten Verwaltung die Nördliche und Südliche Bergbauverwaltung hervor. In der Folgezeit wurden weitere Bergbauverwaltungen gegründet: die Westliche Bergbauverwaltung, die Tenka- Bergbauverwaltung, die Südwestliche-Bergbauverwaltung, die Tschai-Urinskoje-Bergbauverwaltung (die nur von 1940 bis 1946 existierte), die Jana-Bergbauverwaltung, die Tschaun-Tschuktschen-Bergbauverwaltung, die Indigirka-Bergbauverwaltung, die Omsuktschan-Bergbauverwaltung und die Tschaun-Bergbauverwaltung (Istoričeskaja hronika Magadanskoi oblasti: Sobytija i fakty, 1917–1972 [Historische Chronik des Gebiets Magadan: Ereignisse und Fakten 1917-1972]. Magadan, 1975.). Neben der Straßenbauverwaltung wurden in den Folgejahren weitere Bauverwaltungen gegründet. Dazu gehörten: die Verwaltungen für Prospektierungsarbeiten, für Kfz-Transport, für Hilfswirtschaften, für Fernstraßen, für die Kolyma-Indigirka-Flussschifffahrt sowie die Verwaltungen der Umschlagsplätze in Nachodka, in der Siedlung Ossetrowo (Gebiet Irkutsk) und in der Wanino-Bucht (siehe z.B. Befehl Nr. 00454 des MWD vom 20.05.52).
Die Arbeitskräfte für alle genannten sowie weitere Produktionsabteilungen des Dalstroi rekrutierten sich aus den Häftlingen des NORDÖSTLICHEN ITL (SWITL), welches auf Befehl Nr. 287/s der OGPU vom 1 April 1932 eingerichtet worden war und von Anbeginn unter Leitung des Dalstroi stand. Offiziell war das SWITL ebenfalls der Bevollmächtigen Vertretung der OGPU Region Fernost (und nach Auflösung der OGPU — der NKWD-Verwaltung Region Fernost) unterstellt. Diese wiederum war in allen Angelegenheiten, die die Arbeit des Lagers betrafen, dem GULAG unterstellt. Mit Ausnahme der Angaben zu Insassenzahlen erhielt jedoch der GULAG bis 1939 keine weiteren Informationen über die Lage im SWITL (siehe z.B. Unterlagen über die Wirtschaftstätigkeit der Lager: GARF. F. 9414. Op. 1. D. 2920. L. 1–188; D. 2930. L. 1–28; Berichte der Abteilung für Medizin und Sanitätswesen des GULAG über die medizinische Versorgung der Lager: Ebenda. D. 2740. L. 1–57). Erste detaillierte Angaben über die Zusammensetzung der Häftlinge erhielt die URO des GULAG erst nach Übergabe des Dalstroi an den NKWD (GARF. F. 9414. Op. 1. D. 1140. L. 140). Somit bestand in den 1930er Jahren die Aufgabe des GULAG hauptsächlich darin, auf Anordnung der nächsthöheren Institution die angeforderten Gefangenentransporte zusammenzustellen und in das SWITL zu verschicken.
Sowohl in Memoiren als auch in wissenschaftlichen Beiträgen trifft man häufig "Besserungsarbeitslager" an, welche Arbeitskräfte für die o.a. Produktionsverwaltungen zur Verfügung stellten. Doch die Lagerunterabteilungen, die sich auf dem Gebiet der entsprechenden Produktionsverwaltung befanden, waren keine selbständigen Lager unter direkter Zuständigkeit des Dalstroi, sondern Bestandteile des vereinten NORDÖSTLICHEN ITL. Bis 1948 wurden innerhalb des Dalstroi nur dann vom SWITL unabhängige Besserungsarbeitslager gegründet, wenn sich diese in Randgebieten befanden. So gehörten in den Jahren 1941 bis 1944 das ITL der Jana-Bergbauverwaltung und das ITL DER ALDAN-STRASSENBAUVERWALTUNG zum Bestand des Dalstroi. 1940–1941 gab es ein Transitlager des Dalstroi in Wladiwostok, das als Einheit unter Zentralverwaltung bestand, und von 1942 bis 1947 gab es das ITL des Primorje-Bezirks des Dalstroi. Alle diese Lager wurden in der Folgezeit aufgelöst und ihre Lagerunterabteilungen wurden der USWITL übergeben. Die aus der Literatur bekannten Lager wie z.B. das Nördliche, das Südliche oder das Tenka-Lager werden in keinem offiziellen Dokument des Zentralapparats des NKWD-MWD bis 1951 als ITL erwähnt.
Von 1945 bis September 1949 gab es in Magadan die Lagerabteilung Nr. 855-D für japanische Kriegsgefangene, in welcher zum 1. Januar 1949 3.479 Personen inhaftiert waren, die auf Bauvorhaben des Dalstroi eingesetzt wurden (I. D. Bacaev: Kolymskaja grjada arhipelaga GULag (zaključënnye) In: Istoričeskie aspekty Severo-Vostoka Rossii: ėkonomika, obrazovanie, kolymskij GULag. Magadan, 1996. S. 61).
Am 28. Februar 1948 wurde auf Befehl Nr. 00219 des MWD das Sonderlager Nr. 5 eingerichtet (siehe UFERLAGER) und auf Befehl Nr. 00469 des MWD vom 29. April 1948 dem Dalstroi unterstellt. Die Lagerunterabteilungen des UFERLAGERS waren hauptsächlich im Kernland des Dalstroi angesiedelt, und beeinträchtigten dadurch die frühere Zusammenarbeit zwischen Lager- und Produktionssektor des Dalstroi.
Die aus den Jahren 1949–1952 untersuchten Unterlagen und Dokumente enthalten widersprüchliche Angaben über die Leitungsstruktur auf der Ebene Zentralbehörde — ITL. Die per Befehl Nr. 00872 des MWD vom 20. September 1949 bekannt gegebene Umstrukturierung des Lagersektors war mit der Einrichtung einer ITL-Verwaltung des Dalstroi verbunden, der die Verwaltung des Sonderlagers Nr. 5 und die zum selben Zeitpunkt gegründeten Lagerabteilungen und ITL mehrerer Bergbauverwaltungen (Westliche u.a.) in der Ersten und der Prospektierungsverwaltung, in der Energieverwaltung und im TschukotStroi unterstellt wurden. In den angeführten Produktionsverwaltungen wurde gleichzeitig der Posten eines stellvertretenden Lagerleiters eingerichtet. Der Status der wiedereingerichteten Lagerunterabteilungen wird im Befehl nicht konkretisiert und es bleibt unklar, welche von ihnen Besserungsarbeitslager wurden und welche Lagerabteilungen). Lediglich in der Liste der Lagerunterabteilungen des Dalstroi vom 22. Mai 1951 werden die damals bestehenden ITL aufgeführt: TENKA-ITL, WESTLICHES ITL, NÖRDLICHES ITL, INDIGIRKA-ITL, MAGADANER ITL, WANINO-ITL und das TSCHAUN-TSCHUKTSCHEN-ITL, sowie die Lagerabteilungen Omsuktschan und des JanStroi, die Südwestliche Lagerabteilung, die TRANSIT-LAGERABTEILUNG, die Lagerabteilung des TschukotStroi, die Transport-, Primorje-, Jana-, Syrjanka-, Straßen- und Oschogino-Lagerabteilungen sowie die Lagerabteilung der Bereljoch-Bezirksverwaltung für Prospektionsarbeiten und die Einzellagerpunkte des Zentralkrankenhauses und der USchossDor. Der Leiter des Dalstroi war mit der unmittelbaren Leitung der Lager beauftragt, während die Leiter der Produktionsverwaltungen gleichzeitig zu Leitern der bestehenden Lager ernannt wurden. Gemäß dem Befehl Nr. 542ls MWD vom 3. Mai 1951 und anderen Unterlagen blieb jedoch bis zum 3. Mai 1951 Generalmajor A. A. DEREWJANKO Leiter der Besserungsarbeitslager des Dalstroi und wurde danach von Generalmajor G. S. SCHUKOW abgelöst. Der Leiter des Dalstroi I. L. MITRAKOW trat erst am 29. November 1951 sein Amt an (Befehl Nr. 00830 des MWD). Möglicherweise wurde der o.e. Befehl 1949 nur teilweise ausgeführt. Erst im Mai 1952 (Befehl Nr. 00454 des MWD vom 20.05.52) wurden Struktur und Personal der Hauptverwaltung der Lager und Bauarbeiten im Fernen Norden (hier wird auch die Bezeichnung dieser Zentralbehörde zum ersten Mal erwähnt) und die Belegung der Besserungsarbeitslager bekannt gegeben. Im selben Jahr berichtete I. W. MITRAKOW an den Innenminister der UdSSR, S. N. KRUGLOW: "Auf Ihren Befehl wurde das SewWostLag aufgelöst und der Dalstroi ist nunmehr die Hauptverwaltung der Lager..." (zitiert nach dem o.a. Artikel von I. D. Bacaev: "Kolymskaja grjada..." S. 67).
Somit wurden die Lagerunterabteilungen des Dalstroi (insgesamt 26) in den Jahren 1949–1952 (wahrscheinlich 1952) direkt der Zentralbehörde unterstellt. Ungeklärt bleiben die Gründungsdaten der ITL bei den Verwaltungen des Dalstroi (1) sowie die Unterstellung jener Lagerunterabteilungen, die im o.a. Zeitraum nicht zum Bestand dieser Lager gehörten.
Die Hauptwirtschaftstätigkeit des Dalstroi bestand in der Gold- und Zinnförderung. Außerdem beschäftigte sich die Zentralbehörde mit der Gewinnung von Wolfram, Kobalt, Kohle, Baustoffen und anderen Bodenschätzen, mit Prospektierungsarbeiten, Straßen-, Zivil- und Industriebau, wurde in der Straßenwartung eingesetzt, verfügte über Industriebetriebe, Schiffsbetriebe und eine eigene landwirtschaftliche Nebenwirtschaft, war in der Holzgewinnung und im Güterverkehr usw. tätig (mehr dazu: siehe Lagereinträge der einzelnen ITL des Dalstroi).
Gemäß der Verfügung Nr. 832–370ss des Ministerrates der UdSSR vom 18. März 1953 wurden die Bauhauptverwaltung des Fernen Nordens an das Ministerium für Hüttenindustrie der UdSSR übergeben, während ihre Lagerunterabteilungen an den GULAG des MJu der UdSSR gingen. Eine Ausnahme bildet das UFERLAGER, welches der Gefängnisverwaltung des MWD unterstellt wurde. Im September desselben Jahres wurden diese Lagerunterabteilungen der wiedergegründeten VERWALTUNG DER NORDÖSTLICHEN BESSERUNGSARBEITSLAGER übergeben. Es sei angemerkt, dass, obwohl Zentralbehörde und Lager an verschiedene Ministerien übergeben wurden, der enge Kontakt zwischen ihnen erhalten blieb, da der Leiter des Dalstroi gleichzeitig auch Leiter der USWITL war.

Zuordnung

Hauptverwaltungen und Verwaltungen des NKWD-MWD

Insassenzahlen

12.32 — 11.100, 01.01.34 — 29.659, 01.01.35 — 36.313, 01.01.36 — 48.740, 01.01.37 — 70.414, 01.01.38 — 90.741, 01.01.39 — 138.170, 01.07.40 — 190.309, 01.01.41 — 187.976, 01.01.42 — 177.775, 01.01.43 — 107.775, 01.01.44 — 84.716, 01.01.45 — 93.542, 01.01.46 — 73.060, 01.01.47 — 93.322, 01.01.48 — 106.893, 01.01.49 — 108.685, 01.01.50 — 153.317, 01.01.51 — 182.958, 01.01.52 — 199.726, 01.01.53 — 175.078.

Leiter

Seit Gründung des Dalstroi bis zu seiner Verhaftung im Dezember 1937 war E. P. BERSIN Direktor des Dalstroi. Danach wurde Stabsmajor der Staatssicherheit (in der Folgezeit Kommissar der Staatssicherheit 2. Ranges) K. A. PAWLOW zum Direktor (später Leiter) des Dalstroi ernannt, und am 11. Oktober 1939 vom Kommissar für Staatssicherheit 3. Ranges (Generalleutnant) I. F.NIKISCHOW in diesem Amt abgelöst. NIKISCHOW war bis zum 24. Dezember 1948 Leiter der GUSDS. An diesem Tag wurde Generalmajor I. G. PETRENKO zum Leiter des Dalstroi ernannt, der am 3. August 1950 starb. Im August / September 1950 war der Oberingenieur des Dalstroi, Oberst KUSNEZOW, kommissarischer Leiter. Am 30. September 1950 wurde General-Berbaudirektor 2. Ranges I. L. MITRAKOW zum Leiter der GUSDS ernannt und hatte diese Posten bis zur Übergabe der Verwaltung an das Ministerium für Hüttenindustrie inne.

Fußnote(n)

(1) Auch die Situation der in der Frühzeit des Dalstroi bestehenden selbständigen Lager ist nicht restlos geklärt. I. D. Bacaev beruft sich im angeführten Artikel (S. 56) auf Unterlagen des Staatsarchivs des Gebiets Magadan und bestätigt, dass mehrere ITL bereits in den Jahren 1940–1941 gegründet wurden. Nach seinen Angaben wurde "auf der Grundlage der Verordnung Nr. 198 des NKWD der UdSSR vom 11. Juni 1940 die Verwaltung des Nordöstlichen Besserungsarbeitslagers in die Verwaltung der Nordöstlichen Besserungsarbeitslager umgewandelt". Jedoch konnte trotz sorgfältiger Suche durch Mitarbeiter von "MEMORIAL" und des GARF nach der entsprechenden Weisung des NKWD das erwähnte Dokument nicht gefunden werden. Dabei wurden sämtliche Befehle, Anweisungen und Rundschreiben des NKWD mit den Nr. 198, 0198 und 00198 und ebensolche Dokumente vom 11.06.40 untersucht. Den im GARF aufbewahrten Dokumenten zufolgen wurden vom NKWD 1940 überhaupt keine Verordnungen herausgegeben. Auf derselben Seite dieses Artikels ist auch unter Berufung auf das Staatsarchiv des Gebiets Magadan (F. 23ss. Op. 1. D. 150. L. 68) die Rede davon, dass folgende " Bezirke des SewWostLag des NKWD der UdSSR: Westlicher, Nördlicher, Südwestlicher, Südlicher, Tenka-, Transport- und Straßenbezirk umbenannt wurden in Lagerverwaltung des Nordöstlichen ITL" — SapLag, SewLag, JusLag, JugLag, TenLag, DorLag (das TransLag wurde wahrscheinlich fälschlicherweise ausgelassen). Gemäß den Angaben derselben Quelle (D. 161. L. 28) wurden 1941 das Nagajew-Magadaner-Lager und das Tschai-Urinsk-Lager eingerichtet. Doch selbst die Textauslegung dieses Dokuments legt nahe, dass diese Lager weder selbständig noch der Zentralbehörde (Dalstroi oder GULAG) direkt unterstellt waren, sondern Unterabteilungen des SewWostLag blieben. Hierfür spricht auch folgender indirekter Beweis: die fehlende Erwähnung dieser Lager (bis in die 1950er Jahre) in sämtlichen Unterlagen (u.a. in den Verteilerlisten für Umläufe von Verordnungen und Befehlen) des Zentralapparats des NKWD-MWD und des GULAG.

Autor(en)

Sergei Sigatschow

Quelle

Das System der Besserungsarbeitslager in der UdSSR 1923-1960. Handbuch. Hrsg. Michail Smirnow