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HAUPTVERWALTUNG FÜR FERNSTRASSEN DES NKWD-MWD DER UDSSR

   
 

Auch

GUSchossDor

   

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und Dokumente

 

Kurzinfo

Auf Verfügung des Zentralen Exekutivkomitees und des Rates der Volkskommissare der UdSSR vom 28.10.35, herausgegeben in der "Prawda" vom 29. Oktober 1935, wurde dem NKWD der UdSSR die Zentralverwaltung für Fern- und Landstraßen sowie für Kfz-Transport (ZUDORTRANS) übergeben. Per Verfügung Nr. 424 des Rates der Volkskommissare der UdSSR vom 3. März 1936 wurde die ZUDORTRANS des NKWD auf Befehl Nr. 0086 des NKWD vom 4. März 1936 umgewandelt in die Hauptverwaltung für Fernstraßen (GUSchossDor) des NKWD. Vor Ort wurde innerhalb des NKWD der Ukrainischen SSR, der Transkaukasischen SFSR, der Weißrussischen SSR, sowie innerhalb der NKWD-Verwaltungen der Gebiete Moskau und Leningrad sowie der Region Fernost Verwaltungen für Fernstraßen (USchossDor) eingerichtet, und in den NKWD-Verwaltungen der übrigen Republiken, Regionen und Gebiete wurden Abteilungen für Fernstraßen (OSchossDor) gegründet.
Mit der Gründung der GUSchossDor wurde die gesamte Automobilwirtschaft des Landes in dieser Hauptverwaltung zusammengeführt: der Bau, die Instandsetzung und der Betrieb von bedeutenden Straßen auf Landes-, Republik-, Regional- und Gebietsebene (gemäß einer vom Rat der Volkskommissare der UdSSR verabschiedeten Liste) sowie die Kontrolle über den Straßenbau der Gebietsexekutivkomitees.
Sofort nach Übergabe der ZUDORTRANS an den NKWD begann man, Häftlinge im Straßenbau einzusetzen. Auf Befehl Nr. 0012 des NKWD vom 10. Januar 1936 wurde die Hauptverwaltung für Lager (GULAG) mit der Bereitstellung von Arbeitskräften für den Bau und die Komplettsanierung von Autostraßen (mit Ausnahme von Arbeiten an Straßen, die sich weniger als 50 km von der sowjetischen Staatsgrenze befanden) beauftragt. Hierfür wurde die Einrichtung von Kolonnen auf den Baustellen angewiesen, deren Verwaltung von den Leitern der OMS der NKWD-Verwaltungen wahrgenommen wurde. Die technische Leitung übernahmen die lokalen Organe der ZUDORTRANS des NKWD und später die einzelnen Verwaltungen und Abteilungen für Fernstraßenbau (USchossDor und OSchossDor) der NKWD-Verwaltungen.
Auf Beschluss des Zentralen Exekutivkomitees und des Rates der Volkskommissare der UdSSR vom 3. März 1936 (herausgegeben in der "Prawda" vom 4. März 1936) durfte die GUSchossDor neben Häftlingen auch die Landbevölkerung zu Arbeiten einsetzen. Dies erfolgte "in Form eines unentgeltlichen persönlichen Arbeitseinsatzes" innerhalb von sechs Tagen pro Jahr, verteilt auf jeweils zwei Fristen im Frühjahr und Herbst, wenn keine landwirtschaftlichen Arbeiten anstanden.
Für den Bau von neuen und die Instandsetzung von alten Straßen von regionaler Bedeutung waren die lokalen NKWD-Verwaltungen verantwortlich. Hierfür richtete der Leiter einer NKWD-Verwaltung auf Befehl des Volkskommissariats eine Bauverwaltung der USchossDor bzw. OSchossDor der NKWD-Verwaltung sowie eine ITK der OMS der NKWD-Verwaltung ein (siehe z.B. Befehle Nr. 028 und Nr. 029 des NKWD vom 11.03.36). Außerdem war er gegenüber der GUSchossDor für die Koordination der Bauverwaltung sowie gegenüber dem GULAG für die Koordination der ITK verantwortlich. Das einzige, dem GULAG direkt unterstellte ITL für die Bereitstellung von Arbeitskräften für die OSchossDor der NKWD-Verwaltung Region Fernost wurde im November 1937 eingerichtet (siehe SCHOSSDORLAG).
Im Februar 1936 wurde per Regierungsbeschluss der NKWD mit dem Bau von zwei Fernstraßen "von außerordentlicher Bedeutung für die Volkswirtschaft und Verteidigung" beauftragt: Moskau — Kiew und Moskau — Minsk (Befehl Nr. 0050 des NKWD vom 05.02.36). Hierfür wurden Bauleitungen unter direkter Zuständigkeit der GUSchossDor sowie das KALUGA-ITL und das WJASMA-ITL innerhalb des GULAG eingerichtet. Der Leiter der Bauverwaltung war in Personalunion auch der Leiter des ITL. In Produktionsfragen war er gegenüber der GUSchossDor weisungsgebunden, in Lagerfragen — dem GULAG.
Diese Führungsstruktur erwies sich als ineffektiv. In nicht einmal zwei Jahren wechselte die Zuständigkeit für die Bauverwaltung der Fernstraße Moskau — Minsk des NKWD der UdSSR mehrmals zwischen GULAG und GUSchossDor (siehe WJASMA-ITL). Auch das SCHOSSDORLAG war ständigen Umstrukturierungen unterworfen. Im April 1938 wurde die GUSchossDor umstrukturiert (Befehle Nr. 289 und Nr. 290 des NKWD vom 29.04.38). Gemäß der "Anordnung zur GUSchossDor des NKWD", verabschiedet auf Befehl Nr. 525 des NKWD vom 7 September 1938, wurde diese mit dem Bau, der Instandsetzung und der Verwaltung von Straßen mit landesweiter Bedeutung beauftragt. Innerhalb der GUSchossDor wurden Straßenverwaltungen, Straßenbauverwaltungen, Straßenbaubetriebe und andere Staatsunternehmen gegründet. Die Wirtschaftseinrichtungen der GUSchossDor konnten ebenso "Auftraggeber" (Straßenverwaltungen) als auch "Auftragnehmer" (Straßenbauverwaltungen und Straßenbaubetriebe) sein und führten Arbeiten im Auftrag des NKWD oder anderer Behörden aus. Die Häftlinge wurden auf der Grundlage von Verträgen zwischen den lokalen UITLK–OITK der NKWD-Verwaltungen und den Wirtschaftseinrichtungen der GUSchossDor eingesetzt (Befehl Nr. 0162 des NKWD vom 01.04.41).
Gemäß dem Befehl Nr. 00557 des NKWD vom 23. August 1938 entfaltete die GUSchossDor in den Jahren 1939–1941 ihre Bautätigkeit für die "wichtigsten Verteidigungsstraßen im Kiewer Wehrkreis". Im Gegensatz zur oben beschriebenen Struktur traten bei dem Bau von zwei Straßen die Bauverwaltungen und die ITL des GULAG als "Auftragnehmer" auf (siehe BAU 210 UND ITL, BAU 211 UND ITL).
Ab September 1939 kamen bei den Bauvorhaben der GUSchossDor auch polnische Kriegsgefangene zum Einsatz (das Kriegsgefangenenlager wurde auf Befehl Nr. 0315 des NKWD vom 25.09.39 für die Bereitstellung von Arbeitskräften für die Bauverwaltung der Westukrainischen Straße Nr. 1 der GUSchossDor eingerichtet). Im Januar 1941 wurde dieses Lager auf den Bau der Straße Proskurow — Tarnopol — Lwow — Jaworow — Staatsgrenze verlegt.
Auf Regierungsbeschluss (Befehl des NKWD Nr. 00328 от 27.03.41) wurden im Frühjahr 1941 die Abgabefristen der größten Bauvorhaben der GUSchossDor (Moskau — Minsk, Moskau — Kiew u.a.) auf das Jahr 1942 verschoben und die freigesetzten Arbeitskräfte im Flugplatzbau eingesetzt (siehe GUAS). Am 28. Juni 1941 wurden auf Befehl Nr. 0311 des NKWD die meisten Vorhaben der GUSchossDor komplett eingestellt.
In den Jahren 1942–1945 wird gemäß den Befehlen des NKWD Nr. 0278 vom 22 Juli 1942, Nr. 0077 vom 18. Januar 1943 und Nr. 0465 vom 31. Dezember 1943 sowie auf Befehl Nr. 046/054 des NKWD und des Verantwortlichen für das Hinterland der Roten Armee vom 9. März 1944 die GUSchossDor erneut mit dem Bau und der Instandsetzung von Autostraßen beauftragt. Für die Bereitstellung von Arbeitskräften für diese Bauvorhaben wurden erstmals innerhalb der GUSchossDor Besserungsarbeitslager eingerichtet (siehe BAU DER HAUPTVERWALTUNG DER LAGER FÜR FERNSTRASSEN DES NKWD Nr. 1–4 UND ITL, TSCHEBOXARY-ITL sowie ITL BEIM WERK FÜR BRÜCKENBAU UGLITSCH Nr. 4 DER HAUPTVERWALTUNG FÜR FERNSTRASSEN). Für die Leitung dieser ITL wurde auf Befehl 0116 des NKWD vom 31. März 1943 eine Lagerabteilung der GUSchossDor gegründet. Einige Arbeiten wurden mit Hilfe von Häftlingen aus den lokalen GULAG-Verwaltungen durchgeführt; außerdem wurden auch Kriegsgefangene eingesetzt (siehe z.B. Befehl Nr. 001602 des NKWD vom 03.08.42). Gegen Kriegsende (zum 11. Mai 1945) waren auf den Bauvorhaben der GUSchossDor insgesamt 19.615 Häftlinge im Einsatz (GARF. F. 9414. Op. 1. D. 1230. L. 31).
Gemäß den Verfügungen des Staatlichen Verteidigungsausschusses Nr. 8924ss vom 4. Juni 1945 und Nr. 9846s vom 13. August 1945, stieg die Zahl der Bauvorhaben der GUSchossDor nach Kriegsende sprunghaft an. Siebzehn neue Bauverwaltungen (Nr. 1–3, 5–18) wurden gegründet. Die Häftlinge wurden durch Kriegsgefangene ersetzt, alle ITL der GUSchossDor wurden aufgelöst und für jede Bauverwaltung der GUSchossDor wurde ein eigenes NKWD-Kriegsgefangenenlager gegründet, dessen Leiter gleichzeitig auch der Leiter der entsprechenden Bauverwaltung war (Befehl Nr. 001331 des NKWD vom 04.11.45). Mit der Einrichtung der Lager wurde die GUPWI beauftragt. Bis 1949 stellten Kriegsgefangene die Hauptarbeitskraft auf den Bauvorhaben der GUSchossDor. Häftlinge (aus den ITL und Lagerabteilungen der UITLK–OITK des NKWD und der NKWD-Verwaltungen) sowie Sondersiedler wurden auf einzelnen Objekten eingesetzt, wobei ihr Anteil in der Regel klein blieb (siehe z.B. GARF. F. 9419. Op. 1. D. 6. L. 3; Befehl Nr. 01 des NKWD vom 05.01.49).
Per Befehl Nr. 0118 des MWD vom 29. April 1946 wurde ein korrigierter Plan mit einer Liste von Straßenbauvorhaben des MWD für die Jahre 1946–1950 ausgegeben. Dem neuen Plan zufolge sollten einige Bauvorhaben, mit denen früher die GUSchossDor beauftragt gewesen war, eingestellt, die entsprechenden Bauverwaltungen aufgelöst und einige Bauverwaltungen an den Sonderstraßenbau des MWD der UdSSR übergeben werden. Derselbe Befehl übergab neben den Straßenarbeiten auch den Bau mehrerer Reparatur- und Maschinenwerke, Siedlungen und Straßenbauinstitute in Moskau und Kiew an die GUSchossDor.
Gemäß dem Befehl Nr. 0545 des MWD vom 8. September 1947 wurde ab 1948 damit begonnen, auf einigen Bauvorhaben der GUSchossDor die Kriegsgefangenen durch Häftlinge zu ersetzen. Im Frühjahr 1949 wurden für die neuen Bauvorhaben der GUSchossDor erneut Besserungsarbeitslager eingerichtet (siehe BAU DER HAUPTVERWALTUNG DER LAGER FÜR FERNSTRASSEN DES MWD NR. 5 UND ITL und BAU DER HAUPTVERWALTUNG DER LAGER FÜR FERNSTRASSEN DES MWD NR. 6 UND ITL). Ende 1949 und auf Befehl Nr. 00950 MWD vom 12. Oktober 1949 wurden auf den Straßenbauvorhaben des MWD im Zuge der Rückführung der Kriegsgefangenen diese vollständig durch Häftlinge ersetzt. Hierfür wurden bei den Bauverwaltungen der GUSchossDor acht ITL eingerichtet. Diese Organisationsstruktur innerhalb der GUSchossDor blieb bis zur Umwandlung des MWD der UdSSR 1953 erhalten.
Auf Beschluss Nr. 832-370ss des Ministerrates der UdSSR vom 18. März 1953 wurde die GUSchossDor des MWD der UdSSR an das Ministerium für Kfz-Transport und Fernstraßen der UdSSR übergeben. Die dazugehörenden Lager wurden der Hauptverwaltung der Lager (GULAG) des MJu der UdSSR unterstellt (Befehl Nr. 0013 des MJu vom 02.04.53) und binnen eines Monats geschlossen (Befehl Nr. 0038 des MJu vom 29.04.53).

Zuordnung

Hauptverwaltungen und Verwaltungen des NKWD-MWD

Insassenzahlen

Im Oktober 1949 betrug die durchschnittliche Häftlingszahl pro Monat in den Lagern der GUSchossDor 37.120 Personen (GARF. F. 9419. Op. 1. D. 38. L. 1), 1950 lag der Jahresdurchschnitt bei ca. 24.000 Personen (Ebenda. D. 39. L. 15).

Leiter

Der erste Leiter der GUSchossDor war der Kommissar für Staatssicherheit 1. Ranges, G. I. BLAGONRAWOW (ernannt per Befehl Nr. 196ls des NKWD vom 27. März 1936). Am 26. Mai 1937 wurde er verhaftet (Angaben laut GIZ des MWD). Per Befehl Nr. 138ls des NKWD vom 25. Januar 1938 wurde M. A. WOLKOW zum Leiter dieser Zentralbehörde ernannt und auf Befehl Nr. 1256ls NKWD vom 22. Mai 1938 durch D. M. DMITRIJEW ersetzt. Nachdem letzterer am 28. Juni 1938 verhaftet wurde (Angaben laut GIZ des MWD), erfolgte auf Befehl Nr. 895ls des NKWD vom 21. April 1939 die Ernennung des Militäringenieurs 1. Ranges (Brigadeingenieur) W. T. FJODOROW zum Leiter. Dieser hatte mit Ausnahme des Zeitraums vom 27. März 1941 bis 31. Juli 1941, als er Leiter der GUAS war, diesen Posten bis zum 14. Mai 1942 inne (Befehl Nr. 1599ls des NKWD). Gemäß Befehl Nr. 001037 NKWD vom 23. Mai 1942 wurde zum nächsten Leiter der Kommissar für Staatssicherheit 2. Ranges (später Generaloberst) K. A. PAWLOW ernannt und auf Befehl Nr. 969ls des MWD vom 9. Juli 1946 durch N. K. BOGDANOW und später durch Generalleutnant I. S. LJUBY abgelöst (Befehl Nr. 294ls des MWD vom 12.03.48). Letzterer blieb bis 14. April 1950 im Amt (Befehl Nr. 383ls des MWD). Der letzte Leiter der GUSchossDor war Oberst N. I. LITWIN, dessen Ernennung auf Befehl Nr. 920ls des MWD vom 31. Juli 1950 erfolgte, und der diesen Posten bis 18. März 1953 innehatte.

Autor(en)

Sergei Kriwenko

Quelle

Das System der Besserungsarbeitslager in der UdSSR 1923-1960. Handbuch. Hrsg. Michail Smirnow